HÖRERLEBNIS 31: Technik


Lautsprecher: Pavarotti von Opera

Träume für Bodenständige

von Robert Schmitz-Niehaus

Um in die schöne Welt des Musikhörens zu entfliehen, ist eigentlich nicht viel mehr als eine Pavarotti von Nöten. Dann können Sie sich in Ihren bequemen Sessel zurücklehnen, Ihre Lieblingsscheiben auflegen und den Rest um Sie herum vergessen. Ein Traumziel für audiophile Individualisten, die allerdings eines sein sollten: bodenständig. Denn der Lautsprecher, mit dem wir uns hier beschäftigen kostet gerade einmal yuppieverachtende 2.300 Mark. Die knapp einen Meter hohe, extrem schlanke Säule ist aus Massivholz gefertigt, was mir diese Preisgestaltung noch unerklärlicher erscheinen läßt. Als Einsatzgebiete kommen Hifi- sowie Home-Theaterbereich in Frage. Deshalb sind die Chassis gegen mögliche Einsträuungen abgeschirmt. Um wandnahe Aufstellung zu ermöglichen, siedelten die italienischen Entwickler die Baßreflexöffnung unterhalb des Tief-/Mitteltöners auf der Frontseite an. Eine gesondert anzubringende schwarze Stoffbespannung deckt alle Öffnungen dezent zu. Die Terminals auf der Rückseite hinterlassen einen überaus soliden Eindruck und sind 24-Kt-hartvergoldet. Massive Spikes unterhalb der - wie könnte es anders sein "handgefertigten" - Grundplatte verhelfen zu einem sicheren Stand und guter Ankopplung an den Fußboden. Was hier an handwerklicher Qualität geboten wird, hinterläßt einen tiefen Eindruck bei mir. Die Hand streicht nochmals über die abgerundeten Kanten. Gern glaubt man den Verlautbarungen von Opera, alle Chassis seien im Vorfeld ausgiebig gehört worden, bevor man sich für den Einbau in einen Lautsprecher entschlossen habe. Der 19mm-Hochtöner sowie der zweite 110 mm-Wandler unterliegen in ihrer Fertigung strengen Vorgaben. Nach der Anlieferung werden sie nochmals bei Opera kontrolliert. Erst dann erhalten die Monteure eine Freigabe. So will man sichergehen, daß eine einfache Handhabung gewährleistet ist und das Zusammenspiel mit unterschiedlichem Equipment reibungslos verläuft.
Perfektion spielt in der Philosophie des Herstellers eine maßgebliche Rolle, was auch das Aussortieren der Bäume einschließt, deren Holz später zu Lautsprechern weiterverarbeitet werden soll. Denn "MDF" meiden die Italiener in den heiligen Firmenhallen wie der Teufel das Weihwasser. Vollholz verfüge nach ihrer Meinung über wesentlich höhere Masse und sei zudem verfärbungsärmer und resonanzfreier. Woher bekommt man das Holz?, will ich wissen. Beste Anbaubedingungen habe man in ausgesuchten Plantagen Afrikas und Nordamerikas ausfindig machen können. Ich habe jetzt keine Fragen mehr.

Aufstellung

Zwar sind wandnahe Positionen möglich, doch büßt die Pavarotti eine Menge ihrer Qualitäten ein, wenn man mit ihr allzu sorglos umgeht. Ein Abstand von 30 cm sollte es nach meiner Auffassung mindestens sein. Sie freut sich mehr über 1 Meter. Die Wiedergabe entfaltet sich bei günstigen Rahmenbedingungen im ganzen Raum. Ich spreche hier vom Ablösen der Musik vom Lautsprecher. Man darf die Pavarotti auch weit auseinanderstellen, 3 bis 3,5 Meter bilden keine unüberwindbare Hürde. Dann allerdings ist ein Anwinkeln auf den Hörplatz angebracht.
Recht unkritisch zeigt sich die zierliche Standbox im Umgang mit Lautsprecherkabeln. Sie honoriert zwar aufwendige Verbindungen, kommt jedoch sehr gut mit dem preiswerten LS-Kabel von Phonosophie zurecht. Ich würde an dieser Stelle nicht mehr Geld ausgeben. Die daumendicken rückseitigen Klemmen lassen überdies so ziemlich alles an Steckern zu, was zur Zeit am Markt vertreten ist. Eventuelle klangliche Rauhigkeiten in den ersten Stunden sind meistens auf die Tatsache zurückzuführen, daß die Chassis nicht genügend eingespielt sind. Nach wenigen Tagen ist der Spuk vorbei.

Kommentar

In einem ersten Schritt gilt es die Frage nach einem geeigneten Verstärker zu lösen. Zwar fallen 86 dB Wirkungsgrad nicht euphorisch hoch aus, doch einigermaßen leistungsorientierte Röhrenverstärker sind den Anforderungen locker gewachsen. Ich habe mir von Phonosophie einen kleinen Vollverstärker zusenden lassen, der in etwa in der gleichen Preiskategorie antritt. Ein gutes Gepann, kann ich dazu nur sagen. Allerdings mehr etwas für Leute, die gerne lauter hören. Schöngeister sind mit Röhrenamps besser bedient. Hermann Winters vom deutschen Vertrieb empfiehlt Unison Research und so durfte ich denn auch hören.
Obwohl die Membranflächen gering ausfallen, ist der Klang warm und hat ein ausreichend großes Fundament. Feine Obertöne, Atmung, Raum, An- und Abschwingen umweben wie abgestimmte Tupfer die Gestalt der Sängerin. (Esther Ofarim, ATR-Pressung, LP001). Ihre Stimme erscheint dadurch glaubwürdig und schön. Man hört eine unglaubliche Vielzahl von Tönen und kann deren Ort, die Zugehörigkeit zu einem Instrument oder einer Instrumentengruppe sofort zuordnen. Wenn schnell folgende Becken- oder Triangelanschläge aufzulösen sind, wirken die dynamischen Spannungsverläufe nicht gebremst. Hört man ganz genau hin, weiß man wo der Schlegel die Trommel trifft und welche Bahn die so bewegte Luft nimmt.
Dazu gesellt sich die Beobachtung, daß die Pavarotti konstruktionsbedingt zu den unteren Frequenzen hin schlanker abbildet und bei großen Orchestern deshalb nicht so druckvoll arbeiten kann. Diesen Zug sehe ich nicht unbedingt als Mangel, ich kann ihn akzeptieren, denn er stört nicht das eigentliche Musikerlebnis. Gegen die Nachzeichnung größerer Spannungsbögen, die in der Klassik von tiefen Streichern (Celli und Kontrabässen) getragen werden, läßt sich abgesehen von einer mit Abstrichen versehenen Vollmundigkeit nichts einwenden. Diese Abstimmung ist mir dennoch viel lieber, als eine künstlich aufgebaute Fülle, die in einer gedunsenen Aufdringlichkeit gipfelt. Schnelligkeit und Präzision im Anstrich hingegen sind da, auch die Gelegenheit hören zu können, wie unterschiedlich der Anstrich der Instrumente ausfällt.
Gleich welche Platte aufliegt, ich spüre pulsierende Rhythmen, das Mit- und Gegeneinander von Blasinstrumenten und den Percussions sowie den Spielwitz. Von dem, was die Box kostet und was sie kann, bin ich schon überwältigt. Sie liefert einen Beitrag zum Musikerleben, das zum Ereignis im Hinhören wird und Emotionen weckt. Was ich für nötig halte, Transparenz, Räumlichkeit, Plastizität und eingeschränkte Erwartungen an Tieftondynamik, läßt sich mit der Pavarotti erreichen.

Das Erscheinungsbild ist schlank und elegant (links). Italiener wissen, was Frauen wünschen. Die kleine Baßreflexöffnung sitzt auf der Frontseite unterhalb des Mitteltieftöners und erlaubt eine wandnahe Aufstellung. Massive Klemmen, 24 Kt-hartvergoldet, auf der Rückseite (rechts) findet man sonst nicht in dieser Preisklasse. Das Gehäuse der Pavarotti ist aus Massivholz, auch das ist ungewöhnlich. Die Verarbeitung setzt darüber hinaus in dieser Klasse neue Maßstäbe.

Charakter: Die Pavarotti klingt sehr musikalisch und ausgewogen. Besonders Stimmen gefallen mir gut, weil sie klar und resonanzfrei sind. Hier macht sich der Einsatz von Massivholz deutlich bemerkbar. Mit guter Elektronik angefahren, tritt der Lautsprecher völlig in den Hintergrund und gibt die Sicht auf ein räumliches, gut gestaffeltes und sehr luftiges Klangbild frei. Die Konturen sind scharf umrissen, was man allgemeinhin mit Präzision beschreibt. Wem die Abstimmung bezüglich des Tieftonbereichs zu schlank ausfällt, dem sei das nächst größere Modell, die Super Pavarotti ans Herz gelegt. Sie verfügt im Gehäusefuß über ein separates Baßchassis und klingt daher satter und voller.

Selbst die Spikes in der handgearbeiteten Bodenplatte sind aus dem Vollen gedreht. Sie sind in der Höhe noch verstellbar und garantieren einen festen Stand.

Fazit: Warum können Italiener einen Lautsprecher dieser Güteklasse bauen und Deutsche nicht? Die vom hiesigen Vertrieb angesetzten 2.300 DM sind nicht nur preiswert, sondern in Relation dessen, was man dafür bekommt, spottbillig. Wer mit beiden Beinen auf dem Boden steht und auf gut beleumundete Statussymbole verzichten kann, der schließt die Augen, und wenn die musikalische Chemie zwischen Wandler und Hörer stimmt, dann stimmt die Chemie auch in Natura, also nachdem man die Augen wieder geöffnet hat und das kleine Schmuckstück sieht. Die Pavarotti ist für mich eine der interessantesten und klangvollsten Bereicherungen auf dem bezahlbaren Lautsprechersektor.

RSN

Das Produkt: Pavarotti, 2-Wege-Standlautsprecher
Preis: 2.300 DM
Maße: 95 x 15 x 18 cm (HxBxT)
Übertragungsbereich: 55 bis 20.000 Hz
Übergangsfrequenz: 2500 Hz
Wirkungsgrad: 86 dB/W/M
Vertrieb: Acapella H. Winters KG. Koloniestr. 203, 47957 Duisburg, Tel: 0203-361222, Fax: 0203-361111, e-mail: acapella@acapella.de, www.acapella.de

gehört mit:
Laufwerk: Fat Bob von Transrotor
Arm: SME V, SME 3012 R
Tonabnehmer: DT II Special, Benz-Scheu
CD-Player: Electrocompaniet EMC-1
Vorstufe: Beck RV (Röhre)
Endstufe: Beck RE (Röhre)
Lautsprecher: Jupiter von CD-Konzertmöbel, Gate von Newtronics und Gate aktiv
Kabel: Fadel Art (LS), Beck, Audio Agile, Voodoo-Cable Dope Sounds
Zubehör: CD-mat von audio Physic, Transquolan-Öl
Netzfilter: Eigenbau
Tonbasen: Eigenbau, Rack: Eigenbau