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Ist das eine Augenweide? Vielleicht nicht. Kann das selbst ein Holzfäller ohne Ofen im Wald kochen? Ja!

Ist das eine Augenweide? Vielleicht nicht. Kann das selbst ein Holzfäller ohne Ofen im Wald kochen? Ja!

Foto: Sebastian Maas / DER SPIEGEL

Kochen ohne Kohle Pfirsich-Grunt: ein nordamerikanischer Obstauflauf ohne Ofen – für einen Euro

Dieses Gericht war mal eine der männlichsten Speisen überhaupt, von hart arbeitenden Holzfällern auf dem offenen Feuer gekocht. Heute können glücklicherweise alle das einfache Rezept ausprobieren.
Eine Kolumne von Sebastian Maas

Gerichte mit einem Geschlecht zu verbinden, finde ich immer ziemlich albern. Denn natürlich ist ein Steak nicht männlicher als ein Salat, egal wie oft das in der Werbung impliziert wird. Wie absurd solche Zuschreibungen sind, wird besonders deutlich, wenn man sich anschaut, wie Gerichte über die Zeit ihr zugeschriebenes Geschlecht verändern. Denn wer denkt bei einem sanften Obstauflauf mit fluffigen Teigwölkchen an ein »Männergericht«? Heute wohl nicht viele, doch historisch betrachtet sah das anders aus.

»Kochen ohne Kohle«

Bafög oder Azubi-Gehalt sind schon wieder fast aufgebraucht? Der Obstkorb beim unbezahlten Agenturpraktikum war geräubert? Und bitte nicht schon wieder Pizzatoast? Alles kein Problem: In dieser Kolumne zeigt SPIEGEL-Redakteur und Hobbykoch Sebastian Maas, wie man trotz Flaute auf dem Konto leckere und besondere Gerichte zaubern kann. Dabei gibt es nur zwei Regeln:

  • Eine Portion darf maximal so viel kosten wie ein Essen in der Mensa, also drei Euro.

  • Teure Spezialgeräte sind tabu.

Alle Rezepte

Das Rezept trägt einen eigenartigen Namen: Grunt. Das ist Englisch und bedeutet normalerweise so etwas wie »Grunzer«, manchmal aber auch »Fußsoldat« oder »Handlanger«. Der abschätzig klingende Name beschreibt ein Gericht, das besonders in der nordöstlichen Appalachen-Region verbreitet ist, also »oben rechts« in den USA und Teilen von Kanada. Frische Früchte werden in der Pfanne oder einem Schmortopf mit etwas Zucker aufgekocht, dann löffelt man kleine Teiglinge darüber und dämpft alles zusammen auf dem Herd. In den Sommermonaten mit ihrem Überschuss an günstigem Obst sind Grunts ein einfaches Dessert oder eine leckere Hauptmahlzeit. Geschmacklich und strukturell sind Grunts nah dran an Grütze, was ja phonetisch ebenfalls dicht beieinanderliegt.

Und was macht das Ganze nun männlich? Nun: Die Autorin Renee Pottle schreibt, dass Grunts traditionell in nordamerikanischen Holzfällercamps gegessen wurden – teils von den Waldarbeitern selbst auf dem offenen Feuer gekocht. In der Urform des Gerichts noch mit wilden Heidelbeeren, die man in der Region im Sommer massenhaft im Wald findet. Beim Kochen machen die Beeren manchmal kleine Grunzer, daher stammt angeblich der Name. Im Laufe der Zeit entwickelten sich aber noch weitere Varianten, etwa mit Erdbeeren und Rhabarber. Ich mag die mit Pfirsichen und Himbeeren gern, auch ohne die namensgebenden Blaubeerengrunzer.

Zwar waren die wichtigste Mahlzeit der Holzfäller Baked Beans , das gekochte Obst und der luftige Teig aber eine willkommene Abwechslung. Außerdem ist es praktisch, dass man statt eines Ofens nur einen Bräter mit Deckel braucht. Durch das Dampfen bleiben die Teiglinge schön weich, fast wie halb gebackener Keksteig. Wenn man bedenkt, dass Waldarbeiter vor 150 Jahren in den USA wahrscheinlich nicht die beste zahnmedizinische Versorgung hatten, ergibt das Sinn. Ich gebe aber gern noch Haferflocken, Kerne oder Nüsse dazu, für mehr Biss und Proteine.

Das benötigt man:

Anstelle der Pfirsiche kann man auch andere Obstsorten nehmen, die gerade im Angebot sind. Traditionell werden Heidelbeeren verkocht, aber auch Erdbeeren und Rhabarber.

Anstelle der Pfirsiche kann man auch andere Obstsorten nehmen, die gerade im Angebot sind. Traditionell werden Heidelbeeren verkocht, aber auch Erdbeeren und Rhabarber.

Foto: Sebastian Maas / DER SPIEGEL

(für vier Portionen als Dessert, zwei Portionen als Hauptgang)

  • 750 bis 1000 g frisches oder tiefgekühltes Obst

  • 75 g Zucker

  • 150 g Weizenmehl

  • 100 ml Pflanzendrink, Milch oder Buttermilch

  • 50 ml Wasser

  • 50 g Haferflocken oder gehackte Nüsse

  • 3-4 EL Margarine oder Butter

  • 1 TL Backpulver

  • Eine Prise Salz

  • Optional: etwas Vanillezucker, Eis

Wie lange dauert das? Etwa 20 Minuten Arbeit und 25 Minuten Kochzeit
Was kostet das? Je nach verwendetem Obst insgesamt etwa drei bis vier Euro, also weniger als ein Euro pro Portion. Damit bleibt noch Raum, sich etwas Eis dazu zu gönnen.

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Sebastian Maas

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02.05.2024 02.10 Uhr

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So einfach macht man Pfirsich-Grunt, ganz ohne Backofen:

  • Die Pfirsiche gut abwaschen und schälen. Ich habe kein schlechtes Gewissen, sie grob und schnell zu schälen – weil ich die Schale noch anderweitig verwerten werde (siehe unten). TK-Beeren müssen nicht weiter vorbereitet werden.

  • In einer tiefen Pfanne Wasser und Zucker erhitzen, dann das Obst dazu geben und für zehn Minuten auf mittlerer Hitze köcheln lassen. Wer Vanillezucker hat, gibt ihn jetzt mit zum Obst.

  • Währenddessen den Teig vorbereiten. Dafür zunächst das Mehl, Backpulver, Salz und die Margarine mit den Fingern verkneten, bis kleine Brösel entstanden sind. Dann die Milch (oder Milchalternative) und die Haferflocken hinzugeben, mit einem Löffel oder den Händen gut verrühren, bis ein klebriger Teig entstanden ist.

Die Teiglinge werden wie hier auf die Obstmischung gelöffelt und dann abgedeckt 20 bis 25 Minuten auf niedriger Flamme gedämpft

Die Teiglinge werden wie hier auf die Obstmischung gelöffelt und dann abgedeckt 20 bis 25 Minuten auf niedriger Flamme gedämpft

Foto: Sebastian Maas / DER SPIEGEL
  • Den Teig mit einem Esslöffel in kleinen Klecksen auf dem Obst verteilen. Dazwischen etwas Abstand lassen, da die Teiglinge noch aufgehen. Die Herdplatte auf kleine Flamme reduzieren und alles unter einem Deckel abgedeckt für 20 bis 25 Minuten dämpfen lassen.

  • Nach der Kochzeit einfach die Hitze abstellen und den Grunt etwas abkühlen lassen. Ideal schmeckt er lauwarm, mit etwas Eis dazu. Ganz männlich – grunz, grunz.

Ich wünsche guten Appetit, reingehauen!

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Obstschalen weiterverwenden für Sirup

Die übrig gebliebene Schale meiner Pfirsiche wiege ich und vermenge sie in einer großen Schale mit derselben Menge Zucker. Die Mixtur kommt in ein großes, abgekochtes Einmachglas. Schön festdrücken, damit keine Luftlöcher mehr drin sind. Obendrauf noch einmal mit etwas Zucker bedecken. Das Ganze wandert geschlossen in den Kühlschrank.

Nach etwa vier bis sieben Tagen kann man den entstandenen Sirup durch ein Sieb abgießen und dann für Tees, Cocktails, Dressings, Marinaden oder Sommerlimos verwenden. Durch den hohen Zuckeranteil ist er im Kühlschrank lange haltbar und kann sparsam dosiert werden.

Man kann das auch mit Resten von Zitrusfrüchten machen, mit Apfel- und Ananasschalen oder sogar Mangoschalen und deren Kern. Beim Pfirsich darf man den Kern hingegen nicht verwenden, da er Giftstoffe enthält.

Lässt man den Mix länger und bei Zimmertemperatur draußen stehen, kommt es zur Fermentation. Das kann auch lecker werden und erinnert dann an ein koreanisches Cheong. Cheongs werden aber besser, wenn man ganze Früchte nimmt und keine Schalen.